Niklaus Schmid


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Dezember Teil 2

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Formentera
Eine Insel auf dem Weg zur Legende


Auszüge aus "Formentera - Der etwas andere Reiseführer"


Wie war das noch mal mit dem Wikingerprinz Sigurd, den maurischen Piraten und Bob Dylans Schafwollpullover? Diesen Fragen gehe ich in meinem Buch "Formentera - Der etwas andere Reiseführer" nach. Mal berichte ich aus der Vergangenheit, beispielsweise von den Phöniziern, die auf der Insel die ersten Salzbecken bauten, oder von den Arabern, die ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem anlegten. Dann wieder springe ich zurück in die Gegenwart, erwähne neuzeitliche Legenden, schreibe über die Tier- und Pflanzenwelt oder erzähle Geschichten von Künstlern und Charakterkäuzen. Auszüge, wie gesagt, und zwar im monatlichen Wechsel.

Dezember - Januar

Vom fahrbaren Heizofen in der Fonda ...


Bis Anfang der Achtzigerjahre trafen sich im Winter alle, ob Einheimische oder Zugereiste, in der Fonda Pepe. Man saß da, um einen fahrbaren Heizofen geschart, in der Schenke oder unter den Bildern der Inselkünstler und den alten Fotografien im Speisesaal.

Leider hält Julián die Fonda nun im Winter geschlossen. Er ist der Meinung, es lohne sich nicht mehr. Tatsache ist, dass weniger Wintergäste kommen und dass die wenigen Überwinterer mehr zu Hause bleiben. Solartechnik, bessere Heizungen und Satellitenfernsehen haben diese Veränderungen bewirkt. Doch zum Jahreswechsel öffnet Julián die Fonda, aber nur die Schenke.

... den Glückstrauben, dem Borstenspeck ...


Silvester. Die Fonda Pepe ist gerammelt voll. Kein Durchkommen mehr zur Theke. Sektflaschen und Gläser wandern durch viele Hände, bis sie den Besteller erreichen. Noch fünf Minuten. Julián verteilt die Geschenke des Hauses; für die Frauen kleine Zellophanbeutel mit den uvas de la suerte, zwölf Glückstrauben, für jeden Monat eine. Die Männer bekommen gerösteten Speck. Der ist borstig und leicht ranzig wie immer, muss er wohl sein, sonst bringt er nicht die Kraft, die man sich von ihm nach altem Glauben verspricht.

Noch eine Minute. Pepe erscheint. Er nimmt einen Hammer und genau zwölf Sekunden vor null Uhr, nicht eine Sekunde zu früh, nicht eine zu spät, beginnt er gegen den kupfernen Gong zu schlagen, der über der Theke hängt. Als der letzte Gong ertönt, rückt der große Zeiger zu dem kleinen Zeiger. Und dann geht das Licht aus.

... vielen Küsschen und fernem Glockenläuten


Das neue Jahr hat begonnen.
Alle juchzen. Sektkorken knallen. Umarmungen. Rufe:
Molts anys i bons! Noch viele Jahre und alles Gute! Zunächst werden alle geküsst, die in unmittelbarer Nähe stehen. Danach, wenn ein Teil der Bekannten auf die Straße rennt, um Feuerwerkskörper abzubrennen, kommen die weiter entfernt stehenden Gäste dran. Aber grundsätzlich küsst jeder jeden. Aufgepasst, Fremder, der du noch nicht vertraut bist mit den Bräuchen der Eingeborenen! Auch Leute, die dich über Monate nur mit giftigen Blicken bedacht haben, schmatzen dir jetzt, gnadenlos, Küsse auf Wange und Mund.

Glockenläuten. Gläserklirren. Und Küsschen, Küsschen. Alles ist schön und in Ordnung, für einen langen Moment. Ab Neujahrsmorgen sehen wir das Leben und die Mitmenschen dann wieder kritischer.

Fortsetzung folgt ......
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am 15. Dezember a
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Aktualisiert am 28. Dezember 2018 | kontakt@niklaus-schmid.de

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