Niklaus Schmid


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Juli

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Formentera
Eine Insel auf dem Weg zur Legende


Auszüge aus "Formentera - Der etwas andere Reiseführer"


Wie war das noch mal mit dem Wikingerprinz Sigurd, den maurischen Piraten und Bob Dylans Schafwollpullover? Diesen Fragen gehe ich in meinem Buch "Formentera - Der etwas andere Reiseführer" nach. Mal berichte ich aus der Vergangenheit, beispielsweise von den Phöniziern, die auf der Insel die ersten Salzbecken bauten, oder von den Arabern, die ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem anlegten. Dann wieder springe ich zurück in die Gegenwart, erwähne neuzeitliche Legenden, schreibe über die Tier- und Pflanzenwelt oder erzähle Geschichten von Künstlern und Charakterkäuzen. Auszüge, wie gesagt, und zwar im monatlichen Wechsel.

Juli Teil 1

Die Legende von den zänkischen Schwestern …


Zwei Monate hat es nicht geregnet. Das Grün ist verdorrt. Ich sehe die Schafe auf den abgeernteten Getreidefeldern knabbern und frage mich, was sie noch finden. Die Ziegen gucken ganz wütend mit ihren Knickeraugen. Gegen Abend kommt der Bauer mit einem Arm voller Grünzeug. Beim ersten Ruf laufen sie ihm entgegen. Am anderen Tag führt er die Herde auf das Feld mit dem Mais, den er nur für sie angebaut hat. In ganz trockenen Zeiten wirft er ihnen die Ohren der Feigenkakteen vor und in geringen Mengen auch Weinblätter.

Einst soll Formentera viel fruchtbarer gewesen sein. Glaubt man der Legende von den beiden Schwestern, dann befand sich an der Stelle, wo heute die salzigen Wasser des Estany Pudent rosigbraun bis lila den Himmel widerspiegeln, ein Bauernhof samt blühenden Feldern und sprudelnder Quelle. Auf dem Gehöft lebte eine Mutter mit ihren beiden Töchtern und einer Schar Sklaven. Alle waren glücklich, die Besitzer wahrscheinlich etwas mehr als die Sklaven.

… dem verhängnisvollen Fluch …


Doch dann starb die Mutter, und das Unglück begann, wie so oft, mit der Erbteilung. Jede der Schwestern erbte eine Hälfte, aber es gab ja nur eine Quelle, und um diese Quelle stritten sich die beiden Schwestern nun fortan und immerzu. Vollauf beschäftigt mit diesem Streit, vernachlässigten sie das Erbe; die Felder verkamen, die Gebäude zerfielen.

Die Abneigung wurde zu solch einem Hass, dass schließlich eine der Schwestern ausrief:
„Ich wünsche mir, dass du samt deiner verdammten Finca absaufen mögest!“
„Dasselbe wünsche ich auch dir!“, rief die andere.

… und seinen Folgen für Formentera


Nun ist es ja so, dass derartige Flüche meist nicht beachtet werden. Diesmal jedoch musste jemand zugehört haben. Denn aus dem nahe gelegenen ruhigen Meer rollte alsbald eine Riesenwelle heran, schwappte über den schmalen Dünenstreifen und begrub das Landgut unter sich. Es versanken Mensch und Tier, die Felder in der fruchtbaren Bodensenke und der Brunnen. Zurück blieb ein salziger Tümpel, der bald darauf zu stinken anfing. So kam es zu dem „Stinkenden Binnensee“, denn nichts anderes bedeutet der Name Estany Pudent.

Als der Fäulnisgeruch immer schlimmer wurde, als der ruhende See Mückenschwärme in dichten Wolken entließ und Seuchen hervorrief, durchstachen die Formenterenser das Nordufer und ließen frisches Meerwasser zufließen. Nun konnte sich der brackige Weiher reinigen. Das geschah vor etwa zweihundert Jahren. Doch seinen wenig schmeichelhaften Namen trägt der See noch heute.

Fortsetzung folgt...
am 15. Juli ...
am 15. Dezember a
aamaa...a.a.... .


Aktualisiert am 1. Juli 2019 | kontakt@niklaus-schmid.de

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