Niklaus Schmid


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November Teil 2

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Formentera
Eine Insel auf dem Weg zur Legende


Auszüge aus "Formentera - Der etwas andere Reiseführer"


Wie war das noch mal mit dem Wikingerprinz Sigurd, den maurischen Piraten und Bob Dylans Schafwollpullover? Diesen Fragen gehe ich in meinem Buch "Formentera - Der etwas andere Reiseführer" nach. Mal berichte ich aus der Vergangenheit, beispielsweise von den Phöniziern, die auf der Insel die ersten Salzbecken bauten, oder von den Arabern, die ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem anlegten. Dann wieder springe ich zurück in die Gegenwart, erwähne neuzeitliche Legenden, schreibe über die Tier- und Pflanzenwelt oder erzähle Geschichten von Künstlern und Charakterkäuzen. Auszüge, wie gesagt, und zwar im monatlichen Wechsel.

November Teil 2

Vom Paradies der Einsamkeitsucher ...


Im Norden klingt der Name dieses Monats nach Nebel, Nieselregen und traurigen Festen. Auf Formentera nennt man den November auch den kleinen Sommer. Das Wasser ist noch so warm, wie es an der Nordsee kaum im Hochsommer wird: zwischen 18 und 20 Grad. Denn das Mittelmeer wirkt wie ein riesiger Speicher, der nur langsam seine Wärme abgibt. Die Luft ist gerade so warm, dass man sich wieder über die Sonnenstrahlen freut.

Und wichtiger noch: Erst jetzt, nachdem die Reisewelle verebbt ist, stimmt die Aussage vom „Paradies der Einsamkeitssucher“ wieder, wie Formentera in frühen Reiseprospekten genannt wurde. Der Wald von Mastspitzen, der im Sommer die Bucht von Epalmador ziert, ist verschwunden. Ein einsamer Segler nähert sich der Küste. Espalmador ist eine der wenigen Inseln, die man auch zu Fuß erreichen kann. Man wandert über die felsige Nordspitze Es Trucadors bis zur Punta Es Pas. Strömungen verändern den sandigen Meeresgrund. Zwar kann man den zweihundert Meter breiten Wasserarm durchwaten, doch das ist nicht ungefährlich.

… der Bedeutung von "espalmar" ...


Auf dem drei Quadratkilometer großen Eiland gibt es Dünen und einige Palmen, eine Lagune und eine Finca. Doch nicht etwa von den Palmen, wie manche glauben, hat die Insel ihren Namen, sondern von dem Wort espalmar, was so viel wie säubern und abdichten bedeutet. Fischer und Seeleute sollen in punischer Zeit die gut geschützte Bucht der Insel aufgesucht haben, um ihre Schiffe in Ordnung zu bringen.

In den Gewässern um Espalmador und Espardell, die Schauplatz vieler Kämpfe und die auch wegen der tückischen Winde gefährlich waren, können Taucher immer noch Amphoren und Keramikscherben aus punischer, römischer und islamischer Zeit finden.

… und dem Geheimnis seltsamer Bälle


Vereinzelt sichten sie auch zwischen Sand und Seegras meterlange Steckmuscheln und, sehr viel häufiger, Sektflaschen, die bei Ausflügen geleert und über Bord geworfen wurden. Doch mit den organisierten Piratenfahrten ist es für ein halbes Jahr vorbei. Ende Oktober haben die letzten Pauschaltouristen die Insel verlassen. Stille auch in den Inselorten. Die Ladenbesitzer in Pujols verkleben die Schaufenster mit Zeitungspapier oder streichen sie mit weißer Farbe, um die Sonnenstrahlen auszusperren.

Die drehbaren Ständer mit Ansichtskarten, die Gittergestelle mit Taucherbrillen und Sonnenöl sind überall vor den Geschäften verschwunden. Der Wind verweht die Spuren des Sommers. Wellen schwappen Seegras an Land, die Bauern holen es, um damit ihre Felder zu düngen. Vom Seegras stammen die auffälligen Bälle, die der Wind dem Strandläufer wie im Spiel vor die Füße rollt. Diese Bälle aus den Fasern abgestorbener Halme, von den Wellen perfekt rund und recht hart gerollt, nennt der Volksmund Nonnenfürze.

Fortsetzung folgt.
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Aktualisiert am 15. November 2017 | kontakt@niklaus-schmid.de

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