Niklaus Schmid


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Juni Teil 2

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Formentera
Eine Insel auf dem Weg zur Legende


Auszüge aus "Formentera - Der etwas andere Reiseführer"


Wie war das noch mal mit dem Wikingerprinz Sigurd, den maurischen Piraten und Bob Dylans Schafwollpullover? Diesen Fragen gehe ich in meinem Buch "Formentera - Der etwas andere Reiseführer" nach. Mal berichte ich aus der Vergangenheit, beispielsweise von den Phöniziern, die auf der Insel die ersten Salzbecken bauten, oder von den Arabern, die ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem anlegten. Dann wieder springe ich zurück in die Gegenwart, erwähne neuzeitliche Legenden, schreibe über die Tier- und Pflanzenwelt oder erzähle Geschichten von Künstlern und Charakterkäuzen. Auszüge, wie gesagt, und zwar im monatlichen Wechsel.

Juni Teil 2


Von einem alten Historikerstreit ...

Heute Morgen hat mich ein neuer Duft geweckt. Es riecht nach gemähtem Korn. Fernes Rattern dringt an mein Ohr. Noch bevor ich die Tür öffne, weiß ich, dass der Nachbar mit seinem Mähdrescher zugange ist. Zur Frühstückspause ist er mit seinem eigenen Feld fertig, danach fährt er zu einem anderen.

Bald riecht die ganze Insel nach frisch gemähtem und gedroschenem Korn – nach forment, wie es in der Inselmundart heißt. In allen Reiseführern und Prospekten heißt es immer, dass die Insel ihren alten Namen Frumentaria, Weizeninsel, von den Römern hat.

Manche Historiker, aber auch einige Sprachwissenschaftler bezweifeln das und bieten, wie Professor Mönch, eine andere Deutung an. Demnach leitet sich der Inselname von „Promontoria“ gleich Vor-Gebirge ab, und zwar wegen der beiden charakteristischen Kaps, dem Cabo de Barbaria und
der Mola.

… dem noch älteren Namen Ophiusa …


Für einen sanften Gelehrten wie Mönch klingt es fast schon scharf, wenn er fordert: Prospekte und Reiseliteratur sollten die Touristen nicht täuschen, da das Charakteristikum der Insel keineswegs weithin sichtbare Weizenfelder seien.

Einig sind sich Historiker und Sprachforscher, dass die Bezeichnung Pityusen, Pinieninseln, für Ibiza und Formentera von den Griechen stammt.

Der noch ältere griechische Name Ophiusa für Formentera bedeutet Schlangeninsel. Doch Schlangen gibt es hier nicht; auch lassen sich keine Zeugnisse auftreiben, dass es je welche gegeben hat.

… und dem derzeitigen Geruch nach Weizen


Wo aber hatte dann in aller Welt der deutsche Dramatiker August von Kotzebue seine Infos her, als er das Stück „Der Eremit auf Formentera“ verfasste? Den Ort der Handlung beschreibt er laut Walter Mönch so: „Der Schauplatz ist auf Formentera, bekanntlich eine Insel, unfern der spanischen Küste, die wegen der Menge der Schlangen unbewohnbar ist.“

Der Name Balearen gilt heute für die gesamte Inselgruppe. Doch ursprünglich galt er nur für Mallorca und Menorca. Denn hauptsächlich von diesen beiden Inseln kamen jene berühmten Steinschleuderer, die zunächst in den karthagischen und später in den römischen Heeren dienten. Aus „ballein“, dem Griechenwort für schleudern, wurde Balearen.

Namen sind Schall und Rauch – sind Geruch. Und heute riecht die Luft nach forment, nach Weizen in glühender Sonne; heute, zumindest heute trägt Formentera seinen Namen Weizeninsel mit vollem Recht.

Fortsetzung folgt.....
am 1. Juli
a15.

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Aktualisiert am 15. Juni 2022 | kontakt@niklaus-schmid.de

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