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Kurzkrimi Nr. 14
Das Manuskript
Das Wichtigste beim Schreiben, sagt mein Kollege Fred Neuendorf, sei die ausgiebige Recherche, das umfangreiche Darstellen auch kleinster Details. Da bin ich anderer Meinung: Wichtig ist das Weglassen. Nun, Neuendorf schreibt dicke Kriminalromane, ich bin Dichter.
...Erst neulich haben wir darüber gesprochen. Es war schon spät am Abend, und die einzige Ausbeute des Tages waren ganze vier Zeilen – vier Zeilen, von denen ich nicht einmal überzeugt war. Neuendorf lachte darüber, er habe gerade noch mal zehn Seiten zu den übrigen 500 in den PC gehämmert und sei mit seinem neuen Roman jetzt nahezu fertig.
...„Warum geht es denn darin?“
*
...„Das werde ich Ihnen doch nicht sagen, Herr Kuhn. Das weiß keiner, nicht einmal mein Verleger.“
...Später verriet er mir dann doch, warum es ging, allerdings nur in Stichworten: „Eine Mafia-Story: Pizza, Pasta und Pistolen; also, wie mit den ersten Gastarbeitern in den sechziger Jahren auch die organisierte Kriminalität südländischer Prägung in Deutschland ihren Einzug hielt.“
...Das Thema habe er mir auch nur deshalb verraten, so ließ er durchblicken, weil ich ja kein richtiger Kollege sei. Stimmt, mein Geld verdiene ich als Taxifahrer. Sollte ich ihm sagen, dass ich drei Jahre Germanistik studiert habe? Geschenkt! Neuendorf würde nur geringschätzig schnauben.
...Er gehört zu den Menschen, die glauben, wahre Literaten seien harte Männer, die wie Dashiell Hammett neben der Schreibmaschine griffbereit eine Flasche Hochprozentigen haben. Oder eine Jagdflinte wie Ernest Hemingway. Oder die sich durchs Leben huren und saufen wie Charles Bukowski. Mich hält Neuendorf für einen elenden Spießer, wenn er sich überhaupt die Mühe macht, über mich nachzudenken. Er kennt mich nur von den Taxifahrten, wenn er zu betrunken war, um seinen eigenen Wagen zu lenken. Bei einer dieser Touren hatte ich ihn etwas näher kennengelernt und ihm am Fahrtziel mein Geschäftskärtchen gegeben:
...„Übrigens, ich schreibe auch.“
...„Was denn?“
**
...„Gedichte.“
...„Klasse, Mann, weitermachen!“, hatte er mir geraten und hinzugefügt: „Gedichte, na ja, immer noch besser als in den leeren Stunden ganz zu verblöden.“
...Nun, die „leeren Stunden“ haben durchaus ihren Vorteil. Da mache ich mir nämlich so meine Gedanken, da entstehen die Gedichte, die ich zunächst in einem Ringblock notiere, um sie dann später in meinen Computer zu tippen. Ich habe sogar schon bei einigen Ausschreibungen mitgemacht. Aus Spaß, denn was das Honorar angeht, dafür würde keine Putzfrau ihren Schrubber aus dem Besenschrank holen, kein Taxifahrer den Anlasser betätigen. „Brotlose Kunst“, urteilen meine Kollegen, also die Jungs, die in ihrer Wartezeit hinter dem Steuer Zeitung lesen oder Radio hören. „Mensch, Moritz, musst mal ’nen Bestseller schreiben“, sagen sie und lachen.
...Kollege Neuendorf ist schon auf dem besten Weg dahin. Der bekommt für so einen Roman, den er in wenigen Monaten runterhämmert, wie er es nennt, zwanzig- oder dreißigtausend als Vorschuss, normalerweise. Diesmal arbeitet er ohne Vorschuss, weil ja noch keiner von seinem Vorhaben weiß. Denn Neuendorf hat Angst, dass ihm jemand die Idee klaut.
...„Ich dachte, die Ausführung sei wichtig, der Stil.“
...„Im Prinzip schon“, hat er gesagt. „Aber manchmal liegen bestimmte Themen in der Luft, da muss man als erster auf dem Markt sein. Zudem gibt es Romane, bei denen der Plot, die Idee, eine außergewöhnliche Rolle spielt, und wenn die jemand vor dir verwertet, kannst du deine Arbeit vergessen.“
...Als Beispiel hat er den Roman „Zwei Fremde im Zug“ von Patricia Highsmith genannt. „Eine geniale Idee, dieser Mord überkreuz; einer mordet für den anderen, sodass keiner ein Motiv hat und beide nicht zum Kreis der Verdächtigen zählen. Doch ja, die Highsmith ist schon gut, aber mit dieser grandiosen Idee hätte auch ein weniger begabter Schreiber Erfolg haben können.“
...Neuendorf wohnt außerhalb der Stadt in einem Haus am Waldrand. Sein Refugium, kein Telefonanschluss, kein Fernsehen, keine Ablenkung, so könne er sich voll auf die Ausarbeitung konzentrieren.
...„Und was ist mit den Recherchen?“, brachte ich ihn auf sein Lieblingsthema.
...„Ungeheuer wichtig!“, fing er den Ball auf. „Wenn ich zum Beispiel über einen Taxifahrer wie Sie schreiben müsste, dann würde ich eine Weile selbst Taxi fahren. Und der Figur des Taxifahrers würde ich Ihren Namen geben, dann hätte ich Sie beim Schreiben vor Augen. Das ist meine Methode.“
***
Ein paar Tage nach diesem Gespräch hatte ich eine Fahrt, die mich in die Nähe von Neuendorfs Haus brachte. Es war schon dunkel. Meinen Wagen stellte ich etwas abseits zwischen den Büschen ab.
...Kein Telefonanschluss, aber eine Kaffeemaschine wird er wohl haben, ging es mir durch den Kopf.
...Ich schellte, doch nichts rührte sich im Haus. In Neuendorfs Büchern lassen sich die Helden von geschlossenen Türen nicht aufhalten. Na dann! Genau wie die Typen in seinen Romanen versuchte ich es mit einer Plastikkarte. Es klappte. Hätte ich nicht gedacht.
...Im Haus roch es nach abgestandenem Wein. Das Licht wollte ich nicht anschalten, aber ich hatte meine Stablampe mitgenommen. Was Neuendorf wohl für ein Gesicht machen würde, wenn er zur Tür hereinkäme? Ich überlegte mir schon einen lässigen Spruch:
...Hallo, Kumpel, Gefahr ist mein Geschäft. Oder: He, altes Haus, Überraschung ist mein zweiter Vorname.
...Das klang stark nach Raymond Chandler, aber was sollte es. „Um den Altmeister kommt keiner von uns herum“, hat Neuendorf mal behauptet. „Wir haben doch alle von ihm gelernt.“
...Im Moment interessierte mich vor allem, wie weit er mit seinem Roman war. Ich ließ meine Lampe kurz aufleuchten. Kein Papier auf dem Schreibtisch, keine
Notizen, nichts. Auf einmal kamen mir Zweifel, ob seine Angaben überhaupt stimmten. Was wäre, wenn ihn zurzeit eine sogenannte Schreibblockade plagte
und er nicht eine einzige Zeile aufs Papier brachte?
...Nun, ein Computer stand da, das zumindest. Mir
kam eine Idee.
...Ich schaltete den Computer ein. Der Bildschirm leuchtete auf; schon lag die Maus in meiner Hand. Eigene Dateien, Doppelklick. Da standen sie, all die Ordner und Dokumente, was für ein fleißiger Mensch! Zum Glück gab es ja die Suchfunktion. Ich tippte das Wort Mafia ein, drückte die Eingabetaste – drei Dateien erschienen, die größte davon musste der neue Roman sein.
...Doppelklick, es öffnet sich die Titelseite, Überschrift:
Ene, mene, muh …
...Seltsamer Titel!
...Und der Anfang? Mal schauen:
...Den Anruf mit der Drohung erhielt er am Montag, die Killer selbst kamen Freitag. Es wurde ein blutiges Wochenende.
...Guter Einstieg, das musste ich zugeben. Ich überflog die folgenden Seiten. Nicht schlecht, das las sich tatsächlich wie das deutsche Gegenstück zum Paten
von Mario Puzo.
****
...Mit den Tasten Strg + Ende sprang ich zur letzten Zeile des Manuskripts. Über 500 Seiten, der Kerl hatte nicht gelogen. Tatsächlich fehlten da nur noch der Schluss und einige Stellen im Lauftext, die mit einem doppelten Fragezeichen versehen waren. Ich blätterte ein paar Kapitel zurück.
...„Was sollen wir mit ihm machen?“, fragte der Gorilla seinen Chef.
...„Frag ihn, auf welchen Finger er verzichten will“, sagte der Mafia-Boss.
...Der Gorilla zuckte die Achseln, steckte seine Beretta ein und griff nach der Rosenschere …
...Verdammt spannend! Gerne hätte ich weitergelesen, aber das ging ja nicht. Oder doch?
...Mehrere Speicherstifte fand ich im Schreitisch; einen davon schob ich in den Rechner.
...Kopieren. Senden an. Memodrive. Klick.
...Es ging schnell. Von krimineller Energie konnte überhaupt keine Rede sein.
...Ich wollte den Speicherstift schon herausziehen,
doch dann klickte ich noch den Ordner Briefe an. Unterordner: Privat – nein, interessierte mich nicht. Verlage – ja, schon eher; mal sehen, welchen Ton der Kollege in seinen Briefen anschlug. „Hier nun kommt mein neuer Roman …“ Hm, im Vergleich dazu gab
ich mich in meinen Anschreiben viel zu wenig selbstbewusst, ja fast schon unterwürfig.
...Zwei, drei Musterbriefe kopierte ich, auch einige Verlagsadressen und dann noch das Exposé des Romans. Maustaste, rechts, links. Fertig. Speicherstift entfernen! Ab in die Tasche!
...Gerade rechtzeitig, denn ein Geräusch drang an mein Ohr. Ein Wagen näherte sich.
...Schnell den PC herunterfahren und den Netzschalter aus!
...Ein Schlüssel bewegte sich im Schloss, die Tür ging auf. Das war knapp! Ich fand gerade noch Zeit, mich – die Füße weit ausgestreckt, das Kinn auf die Handfläche gestützt – in eine lässige Position zu setzen. Ich räusperte mich: „Na, alter Junge, da staunst du, was?“ Ich sprach mit einer Stimme, die zu Humphrey Bogart gepasst hätte.
...„Was soll das?“
...Schemenhaft beobachtete ich, wie Neuendorf, ich hatte ihn an seiner Gestalt erkannt, nach dem Lichtschalter suchte.
...Er hielt etwas in seiner ausgestreckten rechten Hand. Zuerst dachte ich, es sei eine Pistole. Doch dann sah ich, dass es eine Sprühdose mit Reizgas war. Ein tückisches Zeug, das viele meiner Kollegen vom Taxistand zur Selbstverteidigung griffbereit unterm Sitz liegen haben.
...Ich ließ die Lampe aufblitzen. „Bitte nicht! Ich bin’s, Moritz Kuhn …“
...„Längst weiß ich, wer du bist, du mieser kleiner Droschken-Dichter!“
*****
...Seine Linke fuhr in die Jackentasche und kam mit einem Mobiltelefon heraus. Geschickt tippte er mit dem Daumen eine kurze Nummer ein. Er wollte die Polizei rufen.
...In meiner Verzweiflung versuchte ich, Neuendorf mit der Stablampe das Telefon aus der Hand zu schlagen, traf ihn jedoch, weil er schon in der Vorwärtsbewegung war, am Hals. Er stürzte, rappelte sich auf die Knie, hielt mir die Sprühdose entgegen und schrie: „Dich mach ich fertig!“
...Der brennt dir die Augen aus, dachte ich, besser du haust noch mal zu. Mit der Stablampe. Doch dann ist mir irgendwie die Weinflasche in die Finger geraten.
...Schließlich lag er da auf dem Boden und rührte sich nicht mehr. Notwehr, schoss es mir durch den Kopf, doch gleichzeitig wusste ich, dass mir keiner glauben würde.
...Ich durchsuchte den Schreibtisch, danach die Schränke und andere Verstecke, fand eine externe Festplatte, etwas Bargeld und steckte alles ein.
...Ganz zuletzt warf ich noch einen Blick auf das Chaos in dem Raum. Perfekt – alles sah nach einem räuberischen Einbruch aus: Einbrecher wird auf frischer Tat überrascht, es kommt zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Hausherr erschlagen wird.
*
Zwei Tage später, ich feilte gerade an einem Gedicht, das die Melancholie der Großstadt behandelte, machte mich ein Kollege auf eine Zeitungsnotiz aufmerksam.
„Krimischreiber erschlagen“, lautete die Schlagzeile. Von einem Raub war die Rede und dass die Polizei den Rechner des Toten auf Fingerabdrücke untersucht habe.
....„Ein Profi“, sagte ich zu meinem Kollegen, „hat sicher Handschuhe getragen.“
...„Hast recht, Moritz. So, ich hab Kundschaft, kannst vorrücken.“
...Ich schob meinen Wagen die paar Meter vor, setzte mich wieder hinter das Steuer und suchte weiter nach einem passenden Stabreim, war aber nicht richtig bei der Sache, weil ich mich in der letzten Zeit mit einem neuen Vorhaben beschäftigte. Ich hatte angefangen, einen Kriminalroman zu schreiben und war auch schon ganz gut vorangekommen. Thema: die Mafia im deutschen Gaststättengewerbe.
*
Es lief wie am Schnürchen. Manchmal brütet man Stunden über ein paar Zeilen, dann wieder ist es, als ob der Text nur so aus einem herausfließt. Wahrscheinlich hatte ich das Thema schon Monate, wenn nicht Jahre mit mir herumgetragen, um es jetzt, ohne recht zu überlegen, in kürzester Zeit niederzuschreiben. So komisch es klingt, in den folgenden Tagen hatte ich oft das Gefühl, als ob ich selbst gar nicht schriebe, sondern irgendein geheimnisvolles „Es“ den Text diktierte.
...Zwei Wochen später war es so weit, dass ich meinen Text, der über fünfhundert Seiten umfasste, bereits überarbeiten konnte. Ich korrigierte, straffte, verschob ein paar Passagen und änderte den Namen meines Helden. Eine Weile spielte ich mit dem Gedanken, auch den Namen des Widersachers – eine lokale Mafia-Größe – zu ändern, doch dann beließ ich es dabei. Bruno Talese: An den Namen hatte ich mich inzwischen gewöhnt; er klang nicht übertrieben und passte zu der Romanfigur.
******
Meinen Taxijob hatte ich trotz der intensiven Schreibarbeit nicht aufgeben. Es war ein sonniger
Tag, als ich einen Fahrgast nahe der Fußgängerzone absetzte. Ich parkte meinen Wagen in einer Seitenstraße und betrat die Buchhandlung. Zunächst suchte ich nach dem Lyrikband, der einen Beitrag von mir enthielt, konnte das Buch aber nicht finden.
..Noch vor wenigen Wochen hätte ich mich darüber geärgert, jetzt zuckte ich nur die Achseln und steuerte das Regal mit den Kriminalromanen an. Von zwei Verlagen, die vom Äußeren her einen guten Eindruck machten, nahm ich die Verlagsprospekte mit und begab mich wieder zu meinem Wagen.
...Es war schon seltsam. Seit ich mich in die Gedankenwelt des Verbrechens begeben hatte, litt ich an Paranoia. Hin und wieder ertappte ich mich dabei, wie ich in den Rückspiegel schaute, ob mir nicht ein Fahrzeug folgte. Ich überlegte, ob es anderen Krimischreibern ähnlich ging.
...Jedenfalls hatte ich auf dem Weg von der Buchhandlung zu meinem Taxistandplatz wieder einmal das Gefühl, von einem Wagen verfolgt zu werden. Und tatsächlich, kaum hatte ich mich in die Reihe der wartenden Taxen eingeordnet, hielt auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein silbergrauer VW. Zwei Männer liefen auf mich zu. Einer beugte sich zu mir. Ehe er etwas sagen konnte, machte ich meine Routinebemerkung: „Sorry, aber Sie müssen den ersten Wagen nehmen.“
...„Herr Moritz Kuhn?“...
...„Ja.“
...„Mal ’ne Minute Zeit? Wir hätten da die eine oder andere Frage.“
...Es waren zwei Polizisten und es ging um diesen toten Schriftsteller, von dem ich in der Zeitung gelesen hatte. Die Polizei hatte in den Taschen des Opfers meine Geschäftskarte gefunden und die beiden Kripobeamten wollten von mir wissen, ob ich Fred Neuendorf an dem Tag gefahren hätte.
...So aus dem Kopf wusste ich das nicht, aber nach Rücksprache mit der Zentrale, wo die Fahrten registriert werden, konnte das geklärt werden.
...„Nein, an dem Tag nicht. – Schrecklich, was mit Herrn Neuendorf passiert ist! Tut mir wirklich leid. Wir haben uns, wenn er mein Fahrgast war, ab und zu über das Schreiben unterhalten. Ich selbst schreibe nämlich auch, als Taxifahrer hat man ja zwischen den Fahrten oft lange Wartezeiten und in diesen leeren Stunden verfasse ich Gedichte und …“
...„Danke, Herr Kuhn“, unterbrach mich der Ältere.
...Die beiden hatten ihr Interesse verloren, dabei hätte
ich mich so gern mit ihnen unterhalten. Wie weit die Ermittlungen wären und überhaupt, schließlich sind Informationen aus erster Hand für Krimischreiber
sehr wichtig.
*
In der Woche nach dieser Begegnung war es so weit. Ich druckte mein Romanmanuskript aus, um es an die beiden Verlage zu schicken.
*******
Eine Woche später lag die erste Antwort im Briefkasten, ein Formschreiben, das Manuskript würde sorgfältig geprüft, aber bei der großen Zahl der Einsendungen … nun, das kannte ich schon von
meinen Gedichten.
...Drei Tage danach kam, in ähnlicher Form, die Antwort des zweiten Verlages. Ich sollte mich auf eine Wartezeit von sechs, acht Wochen einstellen. Doch kurz darauf erhielt ich zu meiner Überraschung von diesem Verlag ein Schreiben, das besagte, dass man an meinem Roman interessiert sei.
...Und dann ging alles sehr schnell. Gespräche mit der Lektorin, geringfügige Änderungen, ein anderer Titel. Das Buch sollte Das Syndikat heißen, um den authentischen Hintergrund meines Tatsachenromans, so der Untertitel, zu unterstreichen. Keine Einwände von meiner Seite.
...Ich fühlte mich wie auf Wolken.
*
Dieses Hochgefühl hielt in den nächsten Wochen und Monaten nicht nur an, es verstärkte sich sogar noch, denn mein Buch wurde, bereits kurz nach dem Erscheinen, von Fachkollegen für den Preis des besten Debütromans vorgeschlagen. Die Nominierung steigerte die Verkaufszahlen und weckte das Interesse der Presse. In Rezensionen war von der gründlichen Recherche, der Nähe zur Wirklichkeit und dem knappen „reporterhaften“ Stil die Rede.
...Bei so viel Lob bin ich fast rot geworden, anfangs.
Inzwischen habe ich mich daran wöhnt. Interviews
in Zeitungsredaktionen und vor Radiomikrofonen gehören zu meinem Alltag, und gestern, als vorläufiger Höhepunkt, war ich in einer Talkshow des regionalen Fernsehprogramms.
...Heute rief ein Privatsender an, der mich in seiner Nachtsendung zu meinem Buch befragen will.
„Wann?“, habe ich nur kurz eingeworfen. „Na, jetzt gleich“, war die Antwort, „so etwas machen wir doch aus dem Stand. Wir holen Sie ab.“
...Eine Stunde später klingelten sie an der Tür. Sie waren zu zweit. Tula, eine schlanke Frau im Hosenanzug, die als Literaturexpertin die Moderation machen würde, und ein junger Mann mit Ziegenbärtchen, der sich mit: „Ich bin der Hubi von der Technik“ vorstellte. Die beiden führten mich zu einer eleganten Limousine. Der Fahrer, ein bulliger Typ in Lederjacke, nickte nur, als ich einstieg.
...Die Literaturexpertin wollte wissen, wie ich auf die Idee zu dem Roman gekommen sei, was ich vorher gemacht habe – es waren die mir schon bekannten Fragen. Lag es an ihrer Art zu plaudern oder an
ihrem aufregenden Parfüm, jedenfalls wurde mir
erst recht spät bewusst, dass wir keineswegs in Richtung Autobahn und Sender fuhren, sondern
uns einer Gegend mit leer stehenden Fabrikhallen näherten.
...„Moment mal!“, hakte ich in Tulas Redeschwall ein.
...„Ist was?“, fragte sie in veränderter Tonlage.
Fortsetzung folgt....
am 15. Oktober.....