Niklaus Schmid


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Text März

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Formentera
Eine Insel auf dem Weg zur Legende


Auszüge aus "Formentera - Der etwas andere Reiseführer"


Wie war das noch mal mit dem Wikingerprinz Sigurd, den maurischen Piraten und Bob Dylans Schafwollpullover? Diesen Fragen gehe ich in meinem Buch "Formentera - Der etwas andere Reiseführer" nach. Mal berichte ich aus der Vergangenheit, beispielsweise von den Phöniziern, die auf der Insel die ersten Salzbecken bauten, oder von den Arabern, die ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem anlegten. Dann wieder springe ich zurück in die Gegenwart, erwähne neuzeitliche Legenden, schreibe über die Tier- und Pflanzenwelt oder erzähle Geschichten von Künstlern und Charakterkäuzen. Auszüge, wie gesagt, und zwar im monatlichen Wechsel.

März Teil 2

Von jungen Trieben ...

Die Spargelbüsche sind bis zu einem Meter hoch. Mitten drin die jungen essbaren Triebe, die jedoch von Ranken mit zwei bis drei Zentimeter langen, äußerst spitzen Dornen geschützt werden. Mit einer Hand drücke ich die stacheligen Ranken zur Seite, mit der anderen knicke ich die frisch gesprossenen Stängel dort, wo sie noch wie Glas brechen.

Nach einer Stunde habe ich ein dickes Bündel beisammen. Arme und Beine blutig, das Hemd zerrissen, aber ich fühle mich glücklich.

Einen Teil des Spargels werde ich gleich nach Art der Einheimischen zubereiten, indem ich die dünnen, in Salzwasser gekochten Stangen zwischen die Kartoffelscheiben einer Tortilla lege. Den Rest wickele ich in ein feuchtes Tuch, um ihn später mit Schinken und Butter zu essen. Für dieses Jahr war das der letzte wilde Spargel. Im April werden die jungen Triebe holzig, und etwas später kriegen sie dann selber Dornen.

... der hübschen Sybille ...


Auf dem Nachhauseweg treffe ich jenes Pärchen wieder, das im Flugzeug neben mir gesessen hatte und das ich später auf der Überfahrt ein wenig kennengelernt habe. Sybille und Thomas, so heißen sie, haben sich ein Tandem geliehen.

Thomas will wissen, wo ich den Spargel gefunden habe. Ich weise in die falsche Richtung. Wenn er wirklich ein so ausgefuchster Inselkenner ist, wie er vorgibt, wird er in der entgegengesetzten Richtung suchen. Sybille fragt nach einem Restaurant, wo man schick essen kann. Dann fahren sie los. Er tritt in die Pedale, sie versucht hübsch auszusehen.

... und einer Insel voller Überraschungen


Im März ist die sonst eher karge Insel ein Garten. Hinter Naturstein-
mauern stehen mit schwarzweißen Samtblüten die Dicken Bohnen in Reih und Glied, bunt blühen die Zuckererbsen.

Kniehoch und in Büscheln wie Schnittlauch wächst der Röhrige Affodil mit seinen weißen Sternenblüten, Felder mit Gänseblümchen, dazwischen der lila Riesenlauch und gelber Ginster; Felsheide und Rosmarin, die immer noch oder schon wieder blühen, Margeriten, Klatschmohn, Gladiolen und wilde Malven, deren hellblaue bis dunkelviolette Blüten später ihre wie winzige Käseecken aussehenden Früchte entwickeln, beliebt schon in der Antike als Gemüse und Heilmittel gegen Entzündungen.

All das wächst zu deinen Füßen, blüht, duftet; und du fragst dich, wann das war, der Regen, die Kälte. Es scheint Wochen her zu sein und war doch erst vor Stunden. Formentera im März, das ist eine Insel voller Gegensätze und Überraschungen.

Fortsetzung folgt

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aktualisiert am 15. März 2015 | kontakt@niklaus-schmid.de

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